"Strategie funktioniert doch eh nicht mehr in unserer schnelllebigen Zeit!"
Diesen Satz höre ich mindestens einmal pro Woche.
Meist von CEOs, die gerade ihre dritte "Strategieoffensive" in fünf Jahren gestartet haben. Und wissen Sie was? Sie haben sogar teilweise recht – aber aus den falschen Gründen.
Das Problem ist nicht, dass Strategie nicht mehr funktioniert. Das Problem ist, dass 80% der Führungskräfte Strategie mit Planung verwechseln. Sie erstellen 47-seitige-Präsentationen mit Fünfjahresplänen, als würden sie noch im Jahr 1985 leben, wo man (ziemlich) genau wusste, was nächstes Jahr passiert.
Ein GPS plant auch nicht Ihre komplette Route bis ins kleinste Detail vor und ignoriert dann stur alle Staus und Baustellen. Es orientiert sich ständig neu, behält aber das Ziel im Blick. Genau so funktioniert strategisches Denken.
Ich erlebe es täglich: Unternehmen, die keine Strategie haben, treffen Entscheidungen wie im Nebel – mal links, mal rechts, aber irgendwie kommt ma auch an. Nur kostet es Zeit, Nerven und meist viel Geld.
Mythos 1: "Wir können nicht planen, alles ändert sich zu schnell" Falsch. Gerade deshalb brauchen Sie Orientierung. Ein Kapitän, der in einen Sturm gerät, wirft nicht den Kompass über Bord – er schaut öfter drauf.
Mythos 2: "Unsere Branche ist zu speziell für klassische Strategieansätze" Ach so, Sie haben als einzige Branche Kunden, Konkurrenten und knappe Ressourcen? Interessant. Die Prinzipien strategischen Denkens gelten überall – von der Maschinenbaufirma bis zur Stadtverwaltung.
Mythos 3: "Strategie ist was für die großen Konzerne" Quatsch. Gerade kleinere Unternehmen können sich teure Umwege nicht leisten. Sie brauchen Strategie mehr als jeder Konzern, der sich mal eben einen Fehlschlag von ein paar Millionen leisten kann.
Strategisches Denken heißt, die richtigen Fragen zu stellen: Wo wollen wir hin? Was sind unsere Stärken? Wo liegen die größten Hebel? Welche Entscheidungen sind reversibel, welche nicht? Und vor allem: Was lassen wir bewusst weg?
Ein Kunde sagte mir letzte Woche: "Wir haben keine Zeit für Strategie, (ch will wieder gewählt werden und wir müssen operativ liefern!" Meine Antwort: "Genau deshalb verschwenden Sie 40% Ihrer Zeit mit den falschen Prioritäten."
Denken Sie an die Pandemie: Welche Unternehmen haben überlebt und sogar profitiert? Die mit klarer strategischer Orientierung. Die wussten, wofür sie stehen, wo ihre Stärken liegen und wie sie schnell Entscheidungen treffen.
Die anderen? Die diskutieren heute noch, ob Home Office eine vorübergehende Maßnahme war.
Strategie hat dann Kraft, wenn sie drei Funktionen erfüllt:
All das „schafft“ eine gute Strategie. Und eine solche Strategie hat in der heutigen extrem unsicheren Zeit nicht nur ihre Berechtigung, sondern ist auch - gerade jetzt - möglich.
Setzen Sie sich eine Stunde hin und beantworten Sie diese eine Frage ehrlich: "Wenn jemand von außen unser Unternehmen drei Monate beobachtet, welche Strategie würde er daraus ableiten?"
Falls die Antwort "keine erkennbare" lautet, haben Sie Ihr nächstes Strategieprojekt gefunden. Falls Sie "das wechselt alle paar Wochen" antworten, auch.
Strategie ist nicht das Problem. Das Problem ist schlechte Strategie, die sich für gut hält.
Was ist Ihre Erfahrung? Wo haben Sie erlebt, dass strategische Orientierung den Unterschied gemacht hat? Und wo hat fehlende Strategie richtig wehgetan?
P.S.: Nächste Woche geht es um das Strategische-Dreieck und warum die meisten Strategien an der Kultur scheitern – nicht an der Idee.