"Unsere Strategie ist großartig – nur umsetzen tut sie keiner."
Willkommen in der PowerPoint-Hölle.
Hier leben 95% aller Unternehmensstrategien ein einsames Leben zwischen Slide 23 und 47, bevor sie qualvoll in der Schreibtischschublade enden.
McKinsey-Studien bestätigen: 45% von 800 befragten Führungskräften gaben zu, dass ihre Strategieprozesse die Umsetzung strategischer Initiativen gar nicht verfolgen. Gartner ergänzt: 67% der Schlüsselfunktionen sind nicht mit der Unternehmensstrategie abgestimmt.
Dabei ist das Problem nicht die Strategie. Das Problem sind Führungskräfte, die glauben, Strategieentwicklung und Strategieumsetzung seien zwei verschiedene Dinge. Spoiler: Sind sie nicht.
"Not invented here" ist der Tod jeder Strategie. Menschen setzen nur um, was sie mitentwickelt haben. Oder zumindest verstehen.
Nur eine Strategiearbeit, in der gezielt die inhaltliche Strategie, die darauf bezogene Unternehmensstruktur und die unterstützende Unternehmenskultur mitgedacht und mitgestaltet werden, hat eine Chance auf erfolgreiche Umsetzung.
"Wir werden kundenorientierter" versteht jeder anders. "Jeder Kundenanruf wird binnen 24 Stunden beantwortet" ist klar.
Die meisten Strategien scheitern an schwammigen Formulierungen. Machen Sie den Test: Kann ein Praktikant nach dem Lesen Ihrer Strategie konkret sagen, was er anders machen soll? Nein? Dann ist sie zu vage.
Strategien leben nicht in Quartalsberichten, sondern in Montags-Meetings, Kundenterminen und Kaffeeküchen-Gesprächen.
Konkret: Wenn Ihre Strategie "Innovation" enthält, wie sieht das in der wöchentlichen Teambesprechung aus? Welche Fragen stellen Sie anders? Welche Entscheidungen treffen Sie anders?
Menschen brauchen schnelle Erfolge, um an längerfristige Veränderungen zu glauben.
Beispiel aus der Praxis: Maschinenbau-Unternehmen wollte "agiler" werden. Statt mit der kompletten Organisationsstruktur zu beginnen, haben sie mit der Budgetfreigabe angefangen: Unter 5.000 Euro konnte jeder Teamleiter sofort entscheiden.
Effekt: Binnen vier Wochen waren Projekte 60% schneller. Alle haben gesehen: "Das funktioniert wirklich."
Die Rolle der Führungskraft ändert sich komplett: Vom Anweiser zum Erklärer. Vom Kontrolleur zum Ermöglicher.
Das bedeutet konkret:
Menschen ändern ihr Verhalten nicht durch Vorschriften, sondern durch neue Gewohnheiten.
Praxis-Beispiel: Beratungsunternehmen wollte "kollaborativer" werden. Statt lange Schulungen zu machen, haben sie alle Besprechungsräume umgestaltet: Stehtische statt Konferenztische, Whiteboards an jeder Wand, keine festen Sitzplätze.
Effekt: Meetings wurden automatisch interaktiver und kürzer.
Monat 1-3: Strategieentwicklung (teuer, aufwändig, perfekt)
Monat 4: Kommunikation (PowerPoint-Schlacht)
Monat 5-12: Jeder macht, was er will
Monat 13: "Unsere Strategie funktioniert nicht"
Monat 1: Strategie-Hypothesen entwickeln und strategische Ziele formulieren (mit den Leuten, die sie umsetzen sollen)
Monat 2: Erste Tests und Quick Wins
Monat 3: Anpassungen basierend auf Learnings
Monat 4-12: Kontinuierliche Justierung und Verstärkung
Die 3-R-Regel - Und alles im starken Konsens:
Wenn einer der drei Rs fehlt, wird aus Ihrer Strategie ein Lippenbekenntnis.
Produktionsunternehmen, 800 Mitarbeiter. Neue Strategie: "Sustainability First". Umsetzung: Alle bekommen ein Nachhaltigkeits-Handbuch und sollen CO2 sparen. Gleichzeitig: Prämien gibt es weiterhin nur für Produktivität und Kostensenkung.
Ergebnis nach einem Jahr: Das Handbuch liegt ungelesen rum, alle fahren weiter wie bisher.
Die Lösung wäre gewesen: Nachhaltigkeit in die Zielsysteme einbauen, Quick Wins bei Energieeinsparung feiern, Teams für innovative Umweltlösungen belohnen.
Schauen Sie sich Ihre aktuelle Strategie an und fragen Sie ehrlich:
Falls Sie bei der letzten Frage ins Stottern kommen, wissen Sie, woran Sie arbeiten müssen.
Strategieumsetzung ist 20% Planung und 80% Führung. Führung als ständige Übersetzungsarbeit zwischen Vision und Alltag.
Wer das versteht, dessen Strategien leben. Wer das ignoriert, sammelt schöne PowerPoints.
Quellen: McKinsey Strategic Execution Survey (2020), Gartner Strategic Alignment Research (2024), Harvard Business Review "Strategy Execution Unravels" (2015)
3 Impulse für Ihre Organisation:
✅ Schaffen Sie konkrete Umsetzungsprojekte mit klaren Verantwortlichkeiten.
✅ Führen Sie regelmäßige Praxis‑Reviews statt nur theoretischer Diskussionen.
✅ Feiern Sie kleine Erfolge, um Momentum und Motivation aufzubauen.
Ihre Erfahrung: Wo haben Sie erlebt, dass eine Strategie wirklich gelebt wurde? Und wo ist eine gute Idee an schlechter Umsetzung gescheitert?
Das war der letzte Teil meiner kleinen Strategie-Serie. Danke fürs Lesen und Kommentieren. Strategiearbeit lebt vom Austausch – deshalb freue ich mich auf Ihre Erfahrungen und Fragen.
Haaaaaallllltttt.... Haben wir nicht etwas vergessen? Über etwas, was manche Unternehmen noch viel zu oft nicht ernst nehmen, sprechen wir nächste Woche. Stay tuned!