Dieser Artikel zeigt, warum flexible, netzwerkartige Strukturen der Schlüssel zu Resilienz und Leistungsfähigkeit in der Multikrise sind.
Warum Hierarchien in Krisenzeiten gefährlich sind und Netzwerkstrukturen Zukunft haben
In der Diskussion um die beste Organisationsstruktur für Unternehmen, Verwaltungen und sogar Sportmannschaften hört man aktuell wieder laute Stimmen, die eine Rückkehr zur klassischen Hierarchie und zur „starken Führung“ fordern.
Der Irrtum besteht darin zu glauben, die Wahl einer Organisationsstruktur richte sich nach persönlicher Vorliebe oder Zeitgeist.
Wir halten das für eine Illusion: Die Entscheidung über die beste Aufbau- und Prozessstruktur sollte sich ausschließlich nach der Strategie des Unternehmens richten. Diese Strategie muss eine Antwort auf die zentralen inneren und äußeren Anforderungen geben. Eine der dominanten Anforderungen für die Zukunft ist es, die Organisation resilient zu machen – und zwar durch die konsequente Weiterentwicklung aller Elemente des Führungssystems.
Prinzipien resilienter Organisationsstrukturen
Eine resiliente Organisationsstruktur ist das Gegenteil einer starren Hierarchie. Sie ist flexibel, anpassungsfähig und ermöglicht schnelle Reaktionen auf Veränderungen.
- Dezentralisierte Entscheidungen für mehr Agilität: Macht dorthin, wo die Informationen sind. In einer schnelllebigen Welt können Entscheidungen nicht mehr nur an der Spitze getroffen werden. Informationen sind an der Basis, bei Teams, die direkt mit Kunden, Märkten und Technologien interagieren. Die Delegation von Entscheidungsbefugnissen beschleunigt Prozesse und stärkt das Engagement der Mitarbeitenden.
- Autonomie fördern und Verantwortung übertragen: Vertrauen, Verantwortung und Entscheidungsbefugnis statt Kontrolle. Autonome Teams sind das Herzstück resilienter Strukturen. Vertrauen ersetzt Kontrolle, und eine weiterentwickelte Führungskultur wird entscheidend, um die nötige Handlungsfähigkeit zu erreichen.
- Redundanzen aufbauen: Robustheit statt reiner Effizienz. Redundanzen sichern die Organisation gegen Ausfälle ab. Schlüsselkompetenzen werden verteilt, Lieferketten diversifiziert und überlappende Fähigkeiten gefördert – nicht als Verschwendung, sondern als Puffer.
- Schnelle und transparente Informationsflüsse etablieren: Wissen ist Macht... und Resilienz. Offene Kommunikationskanäle und digitale Technologien fördern Wissensaustausch und Transparenz. Selbstgesteuerter Zugriff auf relevante Informationen wird zu einer Kernkompetenz.
Vom Organigramm zum lebendigen Organismus: Transformation in die Netzwerkstruktur
Die Transformation von starren Hierarchien zu flexiblen Netzwerkstrukturen ist herausfordernd, aber notwendig.
- Etablieren Sie autonome Teams (Squads, Tribes): Bilden Sie kleine, interdisziplinäre Teams, die für ein spezifisches Produkt, Projekt, einen Kernprozess oder einen Kundenbereich voll verantwortlich sind. Geben Sie ihnen die Freiheit, ihre Arbeitsweise selbst zu bestimmen und Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Beispiele wie Spotify oder Haier zeigen, wie erfolgreich dieses Modell sein kann.
- Führen Sie klare Verantwortlichkeiten und Rollen ein: Auch in flachen Hierarchien braucht es Klarheit. Definieren Sie Rollen und Verantwortlichkeiten präzise, um Überschneidungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass alle wichtigen Aufgaben abgedeckt sind. Entwickeln Sie gemeinsam, wie diese Rollen und Übernahme von Verantwortung tatsächlich im Unternehmen aussehen soll. Tools wie das RACI-Modell können hier hilfreich sein.
- Fördern Sie funktionsübergreifende Zusammenarbeit: Brechen Sie Silos auf, indem Sie Projekte und Initiativen schaffen, die Teams aus verschiedenen Abteilungen zusammenbringen. Fordern Sie den informellen Austausch und die Vernetzung über Hierarchieebenen hinweg. Arbeiten Sie explizit auch mit der Führungsmannschaft, um die Rollenveränderung von Führung gemeinsam zu erfassen und weiter zu entwickeln.
- Investieren Sie in Kollaborationstools und -plattformen: Nutzen Sie digitale Werkzeuge, die den Informationsaustausch, die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten und die transparente Kommunikation erleichtern. Dies schafft die technische Grundlage für eine vernetzte Arbeitsweise.
- Beginnen Sie klein und skalieren Sie: Sie müssen nicht die gesamte Organisation auf einmal umkrempeln. Starten Sie mit Pilotprojekten in einzelnen Bereichen, lernen Sie aus den Erfahrungen und skalieren Sie dann schrittweise. "This is the way".
Führung im Netzwerk: Rolle der Führungskräfte neu denken
Die Transformation der Struktur erfordert auch eine Transformation der Führung (-skultur). Die Rolle der Führungskraft wandelt sich vom Anweiser und bester Fachkraft zum Enabler, Repräsentanten der Strategie und Architekten eines Umfelds, in dem Menschen ihr volles Potenzial entfalten können. Das bedeutet:
- Richtung vorgeben: Klare Ziele statt Mikromanagement.
- Hindernisse beseitigen: Ressourcen bereitstellen und Zusammenarbeit fördern.
- Lernkultur vorleben: Fehler als Chancen begreifen und Experimentierfreude fördern.
- Führungskraft als lebendige Verkörperung der Strategie: Führungskraft sein bedeutet, für die Übersetzung der Strategie genauso zu sorgen wie für die konsequente Umsetzung der Strategie in ihrem Zuständigkeitsbereich. Für die operative Exzellenz sollten (zu 80%) Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen.
Es geht darum, Macht und Verantwortung dorthin zu verlagern, wo die Informationen sind: bei den Mitarbeitenden. Das erfordert Mut, Kontrolle abzugeben, aber es ist vermutlich die einzige Möglichkeit, Ihre Organisation in der Multikrise resilient und gleichzeitig reaktionsfähig zu halten.
Ihre Organisationsstruktur praxisnah entwickeln:
- Analyse der Entscheidungswege: Engpässe identifizieren und Bremsklötze beseitigen.
- Pilotprojekte für autonome Teams starten: Bereiche auswählen, klare Ziele setzen und Freiräume geben.
- Agile Abstimmungsformate etablieren: Regelmäßige Check-ins statt starrer Meetings fördern den Informationsfluss.
- Kommunikationsplattformen ausbauen: Interne Netzwerke und Wikis unterstützen Transparenz und Zusammenarbeit.
- Führungskräfte auf neue Rollen vorbereiten: Trainings und Coachings für eine Kultur des Vertrauens und der Delegation.
Fazit: Netzwerkstrukturen als Schlüssel zur Resilienz
Die Multikrise zwingt Organisationen, ihre Strukturen zu überdenken. Starre Hierarchien sind ein Auslaufmodell.
👉Machen Sie sich Ihre Strategie klar.
👉Formulieren Sie konkrete strategische Ziele.
👉Legen Sie gemeinsam fest, mit welcher Organisationsform sie am ehesten, nachhaltigsten und mit der größten Resilienz für Mensch und Organisation ihre Strategie umsetzen!
Denn am Ende ist die Struktur kein Selbstzweck, sondern ein mächtiger Enabler für die Leistungsfähigkeit und Gesundheit Ihrer Menschen – und damit für den Erfolg Ihrer gesamten Organisation.
3 Impulse für Ihre Organisation:
✅ Dezentralisierte Entscheidungen und Autonomie steigern Agilität und Engagement
✅ Netzwerkstrukturen mit klaren Rollen fördern Zusammenarbeit und Resilienz
✅ Führung als Verkörperung der Strategie und Enabler schafft die Basis für nachhaltige Transformation
Reflexionsfrage:
Was davon passt zu Ihrer Organisation – und wo könnte ein erster Schritt liegen?