Den zynische Zweifler, der stille Abducker, der eitle Selbstdarsteller…
Sie bremsen, querulieren oder nörgeln und scheinen jedes Projekt von innen heraus zu sabotieren.
Das kommt Ihnen bekannt vor? Oft ist dann die naheliegende Annahme oder der erste Reflex: Wir müssen mit diesen Leuten arbeiten, sonst kommen wir nicht weiter, „sie überzeugen“ oder „reparieren“ damit die das Projekt oder die gesamte Veränderung vorankommt.
Doch das greift zu kurz. Denn zwei Dinge sind gleichzeitig wahr:
Die entscheidende Frage lautet also: Wie schaffen wir ein Spielfeld, das Blockaden so wenig wie möglich entstehen lässt?
Organisationen sind wie Bühnen. Wenn in Stücken (aka Projekt) Verantwortung auf wenige „starke Schultern“ geschoben wird, entsteht ein Vakuum:
Der Machtspieler nutzt es für Kontrolle.
Der Anerkennungssucher inszeniert sich im Rampenlicht.
Der Verletzte zieht sich zurück, weil alte Kränkungen nie geklärt wurden.
Der Abtaucher erfüllt nur seine Stellenbeschreibung und fühlt sich dabei nicht für das Ganze zuständig.
Das sind keine bösen Absichten, sondern nachvollziehbare Reaktionen in diesem Inszenierungsrahmen. Aber: Ein System, das von Anfang an gemeinsame Verantwortung etabliert, nimmt diesen Mustern die Bühne.
Aus der Praxis wissen wir: Veränderung gelingt nicht, wenn nur ProjektleiterInnen, Geschäftsführung oder HR die Verantwortung tragen. Sie gelingt, wenn alle betroffenen Bereiche von Beginn an beteiligt sind: Führungskräfte, Mitarbeitende, SchnittstellenvertreterInnen.
Auf der Bühne stehen in diesem Fall nämlich alle gleichberechtigt nebeneinander und sind für das Gelingen dieses einen Stücks (aka Projekt) zuständig.
Das Entscheidende dabei: Verantwortung bedeutet nicht mehr nur, „meinen eigenen Bereich im Griff zu haben“. Sondern: Zuerst die horizontale, übergreifende Verantwortung für das gemeinsame Ziel aktiv und sichtbar zu übernehmen und dann die vertikale Verantwortung meines Bereichs darauf abzustimmen.
So entsteht ein gemeinsames Spielfeld: Jeder Bereich bleibt wichtig, aber niemand kann sich hinter seiner „vertikalen Zuständigkeit“ verstecken.
Natürlich gibt es Fälle, in denen individuelle Dynamiken so stark sind, dass systemische Eingriffe nicht reichen. Hier helfen Coaching, Mediation oder klare Grenzen. Doch das sind in unserer Erfahrung wenige. In der Mehrzahl der Projekte gilt: Nicht die Menschen reparieren, sondern immer zuerst das Spielfeld gemeinsam gestalten.
In einem Industrieprojekt wurde zu Beginn ein gemischtes Team aufgestellt: Führungskräfte, Mitarbeitende aus der Fertigung, HR und der Betriebsrat. Immer erste Aufgabe: Ein gemeinsames Zielbild formulieren. Möglichst in drei Sätzen, für alle verständlich. Und so lange daran arbeiten, dass das Committment aller dazu stark und echt ist! Die zweite Aufgabe: Klarstellen, dass alle für dieses Ziel Verantwortung tragen. Nicht: „Jeder für seinen Bereich“, sondern: „Wir gemeinsam für das Ganze und dann abgestimmt in unseren Bereichen.“
Das Ergebnis: Selbst die Skeptiker, die anfangs als potentielle „Blockierer“ galten (jedes System kennt seine Pappenheimer, oder?), zogen mit, weil sie beim Start eingebunden waren und verstanden hatten: Verantwortung ist horizontal und mein Bereich wird und muss das nötige dazu beitragen.
Blockierer sind also oft weniger das Problem als vielmehr Spiegel eines Systems ohne gemeinsame Verantwortung.
Doch selbst wenn Verantwortung geteilt ist: Menschen mit alten Mustern verschwinden nicht. Im nächsten Teil zeigen wir, wie man individuelle Dynamiken so integriert, dass sie nicht blockieren sondern Energie für Veränderung freisetzen.
Fragen Sie zum Start Ihres nächsten Projekts:
Eric Berne (Games People Play, 1964) beschreibt, wie Menschen in wiederkehrende „Spiele“ geraten. Beispiel: das „Ja, aber…“-Spiel – jedes Argument wird gekontert, nichts bewegt sich. Im Projektstart bedeutet das: Alte Verletzungen wiederholen sich und prägen den neuen Prozess.
Die Forschung unterscheidet zwei Formen (Miller et al., 2011):
• Grandioser Narzissmus: Macht, Dominanz, Kontrolle. Blockiert, um Überlegenheit zu sichern.
• Vulnerabler Narzissmus: Unsicherheit, Bedürfnis nach Anerkennung. Blockiert indirekt, indem er Projekte zur Selbstdarstellung nutzt.
Das Konzept des Organizational Citizenship Behavior (OCB) beschreibt freiwilliges Engagement fürs Ganze. Das Gegenteil: Withdrawal = Dienst nach Vorschrift, Rückzug. Argyris & Schön (Organizational Learning, 1978) nennen das defensive routines: Muster, die Verantwortung abwehren, um sich selbst zu schützen.