Wenn KI blockiert statt befreit.

Dr. Diana Astashenko-Huber
30. November 2025

Und warum das zu verhindern Aufgabe von Führung ist.

Technologie wird zum Bremsklotz wenn Governance fehlt

Im Frühjahr 2024 führte ein großes Produktionsunternehmen ein KI-gestütztes Reporting-System ein. Die Idee dahinter waren schnellere Berichte, bessere Entscheidungsgrundlagen, weniger Abstimmungsschleifen. Eine gute Idee, oder?!

Drei Monate später war der Effekt das Gegenteil. Entscheidungen dauerten länger, Sitzungen wurden chaotischer, und Teams waren verunsicherter als zuvor.
Die Technologie selbst war nicht das Problem, sie arbeitete einwandfrei. Nur: die Organisation nicht!

Was dort passiert, ist kein Einzelfall. McKinsey (2025) beschreibt genau dieses Muster als eine der größten Fehlannahmen in KI-Projekten: Technologie wird überschätzt, Governance unterschätzt.

1. Datenflut ohne Entscheidungslogik: Wenn KI Transparenz erschwert

Das neue, KI-gestützte System kann jeden Morgen umfangreiche Dashboards ausspucken.
Aber oft ist nicht festgelegt:

  • Wie die Ausgangsqualität der Daten ist,
  • welche Kennzahlen wirklich entscheidungsrelevant sind,
  • wer sie wie interpretiert,
  • und auf welcher Grundlage (unternehmensübergreifend !) entschieden wird, wenn Daten widersprüchlich oder unklar sind.

Wenn das nicht passiert, verwandelt sich die tägliche Steuerungsrunde in einen Zahlendschungel. Jeder sieht etwas anderes, jeder argumentiert mit „seiner“ Zahl, keiner weiss, was gilt.
Die KI, die eigentlich Tempo bringen sollte brachte in diesem Fall Behinderung durch Überforderung.

Dieses Muster findet sich laut McKinsey in rund 60 % der KI-Pilotprojekte in Unternehmen: Die Einführung mag technisch in Ordnung sein. Organisatorisch und strategisch aber sind sie meist unsauber. Es erinnert stark an einen modernen Hochgeschwindigkeits-Zug auf einem 100 Jahre alten Schienennetz.

2. Fehlendes Vertrauen: Kontrollillusion durch KI

Zweiter Stolperstein: fehlende Regeln zur Nutzung.
Wer prüft die Ergebnisse? Wer darf eingreifen? Wer trägt die Verantwortung, wenn etwas schiefläuft?

In Unternehmen wird oft zunächst davon ausgegangen, dass „die KI schon richtig rechnet“.
Aber was, wenn Unstimmigkeiten auffallen? Im schlechtesten Fall beginnt dann das Versteckspiel: Niemand will Entscheidungen verantworten, die auf KI-Daten basieren, deren Ursprung und algorithmische Verarbeitung unklar sind. Die Meetings wurden defensiver und eben nicht klarer.

Ein klassischer Fall von Kontrollillusion: Die Technologie vermittelt Sicherheit und die Organisation handelt, als existierte sie. Nur: Verantwortung ist oft in keinem der Schritt verankert.

3. Führung muss die Lücke schließen und Verantwortung für die KI Governance übernehmen

KI schafft neue Entscheidungsräume. Aber dazu muss Führung eine Governance mit klaren Spielregeln definieren.

Dazu gehören:

  • Datenqualität beim Input: Mit welchen Daten können wir guten Gewissens weiter arbeiten?
  • Zweck & Einsatzgrenzen: Wofür nutzen wir KI – und wofür explizit nicht? Und dies ist eine wirklich anspruchsvolle Aufgabe, die sehr saubere inhaltliche und organisatorische Vorarbeit braucht
  • Verantwortung: Wer prüft Ergebnisse, wer entscheidet, wer trägt die Folgen?
  • Verständlichkeit: Wie stellen wir sicher, dass Entscheidungen nachvollziehbar bleiben?

Governance ist hier kein lästiges Pflichtprogramm. Sie ist die Bedingung, damit KI entlastet statt lähmt.

4. Erfolgreiches Beispiel: KI-Einführung mit klarer Rollendefinition

Ein mittelständisches Energieunternehmen wählte beim Rollout seines KI-Prognosetools folgendes Vorgehen:
Noch vor der technischen Einführung wurde in Workshops definiert:

  • welche Entscheidungen KI vorbereiten darf,
  • wer die finale Verantwortung trägt,
  • und wie Unsicherheiten transparent kommuniziert werden.

Die Folge: schnellere Entscheidungen, weniger Rechtfertigungsschleifen, klarere Verantwortlichkeiten.
Die Technologie war in beiden Fällen ähnlich, aber der Umgang damit war ein völlig anderer.

Fazit: Führung gibt KI ihre Richtung

KI kann ein kraftvoller Hebel sein. Aber nur, wenn Führung das Spielfeld gestaltet, auf dem sie eingesetzt wird. Ohne klare Entscheidungsarchitektur führt sie zu Datenrauschen, Misstrauen und Lähmung. Erst mit klaren Regeln und Rahmen wird sie zum Beschleuniger.

👉 „Technologie kann Entscheidungen vorbereiten, aber nicht tragen. Das bleibt Aufgabe der Führung.“
McKinsey, Superagency in the Workplace (2025)


Praxisimpuls

  • Definieren Sie vor dem Einsatz: Was darf KI entscheiden – und was nicht?
  • Benennen Sie klare Verantwortlichkeiten für Überprüfung und finale Entscheidung.
  • Schaffen Sie Transparenz, damit Entscheidungen nachvollziehbar bleiben.

KI beschleunigt nicht per se. Sie beschleunigt dort, wo Führung Orientierung und Grenzen gibt.

Reflexionsfrage:

Was davon passt zu Ihrer Organisation – und wo könnte ein erster Schritt liegen?


Weiterführende Quellen:

McKinsey, Superagency in the Workplace (2025):

https://www.mckinsey.com/capabilities/tech-and-ai/our-insights/superagency-in-the-workplace-empowering-people-to-unlock-ais-full-potential-at-work

Insights by Stanford Business: Designing AI That Keeps Human Decision-Makers in Mind

https://www.gsb.stanford.edu/insights/designing-ai-keeps-human-decision-makers-mind

Dr. Diana Astashenko

Über mich

Dr. Diana Astashenko, Full Stack Consultant. Kennt sich mit dem Frontend (Workshops, Prozessmoderationen, Coachings) ebenso aus wie mit dem Backend (Prozessarchitektur, Workshopdesign, Inhaltliche Weiterentwicklung). Inhaltliche Schwerpunkte: Strategieentwicklung, Strategieumsetzung, Digitale Didaktik und Megatrends. Gelernte Soziologin und Pädagogin. Von Natur aus neugierig auf (fast) alles.
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