Die Dunkle Seite der Macht. Was das für Change-Prozesse bedeutet und was Führungskräfte tun müssen.

Dr. Diana Astashenko-Huber
16. November 2025

Wir haben in den letzten Beiträgen über Macht, Einfluss und Interessen als neutrale, inhärente Steuerungsgrößen jeder Organisation gesprochen. Doch wer Organisationen führt oder verändert, weiß: Macht ist nicht nur ein neutrales Instrument. Sie kann missbraucht werden.

Machtspiele, Selbstdarstellung, subtile Sabotage, genau das sind die Schattenseiten, die in komplexen Systemen keine Betriebsunfälle sind, sondern systemische Muster menschlichen Handelns.

Der Dunkle Faktor in der Führungsetage

Veränderung trifft immer auf Menschen, die Macht nicht als geteilte Verantwortung, sondern als persönliche Ressource verstehen, diese gezielt nutzen. Sie suchen nicht die beste Lösung, sondern die Position, in der sie steuern, deuten und entscheiden können. Und sie kennen die Schwachstellen des Systems: Sie nutzen informelle Netzwerke, schaffen Ambiguität und verschieben Verantwortlichkeiten.
Das ist nicht immer böswillig, aber oft  extrem effektiv, besonders, wenn sie auf dem Weg nach oben sind.

Die Forschung ist hier eindeutig: Menschen mit narzisstischen, machiavellistischen oder psychopathischen Persönlichkeitszügen (Dunkle Triade) finden sich überproportional häufig in Top-Führungspositionen. Sie manövrieren sich dorthin, weil sie:

  • Macht aktiv anstreben.
  • Überzeugend wirken (oft als "charismatisch" interpretiert).
  • Wenig Scheu zeigen, andere strategisch auszuspielen.

Der "D-Faktor": Der gemeinsame Kern der Dunkelheit

Um diese Dynamik greifbarer zu machen, führten Psychologen der Universität  Ulm 2018 den D-Faktor (Dark Factor of Personality) ein. Dieses psychologische Konstrukt beschreibt die gemeinsame Wurzel dieser dunklen Eigenschaften: die Bereitschaft, eigene Interessen durchzusetzen, selbst wenn andere dabei Schaden nehmen.

Schätzungen zufolge zeigen rund zehn Prozent der Bevölkerung überdurchschnittlich hohe Ausprägungen. In komplexen, dynamischen Organisationen, also genau dort, wo Change-Verantwortliche arbeiten,  entfaltet dieser Faktor eine disruptive Wirkung.


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Die Achillesferse des Change: Unsicherheit als Machthebel

Veränderung ist das ideale Biotop für dunkle Machtstrategien. Unsicherheit und Unklarheit schaffen einen Vakuum, den Menschen mit starkem Eigeninteresse besetzen können.
In Phasen der Transformation können sie zu "stillen Kipppunkten“ werden wenn Sie  versuchen: Informationsflüsse zu kontrollieren oder strategische Allianzen aufzubauen, um Prozesse nicht offen zu blockieren, sondern subtil umzuleiten oder zu verlangsamen.


Hier ein paar typische Muster der verdeckten Machtausübung in Change-Prozessen:

Muster Ziel Konsequenz für den Change

Informationen dosieren

Deutungshoheit sichern, andere schwächen

Fehlendes Commitment, Gerüchte, Lähmung der Entscheidungsfähigkeit

Entscheidungswege vernebeln

Intransparenz als Spielwiese schaffen

Verantwortlichkeiten verwischen, Prozesse kippen, ohne dass der Verursacher identifizierbar ist.

Loyalitäten verschieben

Mehrheiten kippen, Schlüsselpersonen binden

Funktionierende Allianzen brechen auf, notwendige Unterstützung geht verloren

Konflikte eskalieren lassen

Ablenkung oder Stärkung der eigenen Position

Fokussierung auf interne Kleinkriege statt auf das Transformationsziel.


Diese Strategien sind selten laut. Sie sind subtil, systemisch und oft wirksam.

Und jetzt? Wege als Change-Verantwortliche Führen im Schatten diese Dynamik zu drehen

(Wenn Sie unserer vorherigen Artikel dieser Reihe gelesen haben wissen Sie, dass sich das nicht unterscheidet von dem, wie wir auch raten würden mit „Macht“ generell umzugehen :-) 

Die „dunkle“ Variante der Macht lässt sich nicht "wegmoderieren." Aber Sie können verhindern, dass sie das Kommando über Ihren Change übernimmt. Das ist keine moralische Frage, sondern eine der Change-Architektur und der Führungs-Klarheit.


Vier strategische Hebel für Führung, OE und Change Verantwortliche:

  1. Entscheidungsarchitekturen schärfen: Intransparenz ist der Sauerstoff für Machtspiele. Definieren Sie glasklare, transparente Entscheidungswege und Verantwortlichkeiten. Lassen Sie keinen Zweifel daran, wer wann worüber entscheidet.
  2. Informelle Einflusswege sichtbar machen: Wo und wie entstehen die Gerüchte? Wer spricht mit wem? Führung muss in der Lage sein, die informellen Landkarten der Macht zu lesen und diese aktiv in die Steuerung einzubeziehen.
  3. Macht enttabuisieren: Hören Sie auf, Macht als "schmutzig" zu betrachten. Macht muss benennbar und verhandelbar sein. Das Offene und Konstruktive kann nur dann überwiegen, wenn das Verdeckte und Dunkle nicht länger totgeschwiegen wird.
  4. Vertrauensallianzen strategisch stärken: Bauen Sie bewusst Allianzen, die auf Vertrauen, gemeinsamen Zielen und nachgewiesener Leistung basieren – und stellen Sie diesen Allianzen gezielt jene Akteure entgegen, die auf Manipulation und Eigeninteresse setzen.

Fazit: 

Wer Veränderung wirklich führen will, muss beides sehen: das Offene und das Verdeckte, das Konstruktive und das Dunkle.
Wer die dunkle Seite der Macht nicht auch mitdenkt, wird von ihr überrascht. Wer sie versteht, bleibt handlungs- und gestaltungsfähig. Das ist der Kern effektiver Führung in der Transformation. Klar, wir sind nicht naiv: Ohne Gelinggarantie, aber ein lohnenswerter Versuch!


Damit endet unser aktueller Schwerpunkt zum Thema „Macht in Change Prozessen“. Wir freuen uns auf Feedback und vor allem auch auf Ihre Best Practices im Umgang mit diesem Thema! 


Quellen:

Dunkle Triade: Volmer, J., Koch, I. K., & Wolff, C. (2021). The positive connection between dark triad traits and leadership. Springer.

D-FaktorMoshagen, M., Hilbig, B. E., Zettler, I.: The Dark Core of Personality. In: Psychological Review, Vol 125(5), Oct 2018, 656-688; dx.doi.org/10.1037/rev0000111

Dr. Diana Astashenko

Über mich

Dr. Diana Astashenko, Full Stack Consultant. Kennt sich mit dem Frontend (Workshops, Prozessmoderationen, Coachings) ebenso aus wie mit dem Backend (Prozessarchitektur, Workshopdesign, Inhaltliche Weiterentwicklung). Inhaltliche Schwerpunkte: Strategieentwicklung, Strategieumsetzung, Digitale Didaktik und Megatrends. Gelernte Soziologin und Pädagogin. Von Natur aus neugierig auf (fast) alles.
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